Betreff: Zerstörung des African Terminals durch Polizeimaßnahmen gegen afrikanische Migranten
Hamburg, 23.4.2019
Sehr geehrter Herr Innensenator, liebe Hamburgerinnen, im Februar hat der African Terminal, eine Gruppe aus Hamburger Kulturschaffenden und Männern aus Westafrika, die als Flüchtlinge nach Hamburg gekommen sind, die beiliegende Erklärung gegen rassistische Polizeikontrollen veröffentlicht, die von über 900 Hamburgerinnen unterschrieben worden ist – siehe Change.org „Black Lives Matter St. Pauli“.
Der African Terminal ist 2017 aus dem friedlichen Zusammenleben von Alt- und Neu- Hamburger*innen auf St.Pauli entstanden. Mittlerweile hat die polizeiliche Taskforce mit ihren gezielten Kontrollen afrikanischer Migranten diesen Frieden, und nun auch den African Terminal und seine zweijährige Arbeit, zerstört und beendet. Im Augenblick sitzt ein Mitglied
der Gruppe in Hamburg in Haft, zahlreiche andere Mitglieder sehen für sich in Deutschland keine Perspektive mehr und suchen nach anderen Wegen.
In der Erklärung von Februar 2019 nimmt der African Terminal zur Situation erschöpfend Stellung.
Persönlich möchte ich folgendes hinzufügen:
Mein Engagement im African Terminal ist aus meiner Arbeit als Leiterin des von der Stadt finanzierten Graduiertenkollegs Performing Citizenship hervorgegangen. Der African Terminal war eine Businessschool besonderer Art, ein innovativer Versuch, Migration und Logistik so zusammen zu denken, dass alle Seiten davon profitieren. Die Besonderheit des Projekts wurde insbesondere von Seiten der Kultur sofort erkannt: Kooperationen mit Kampnagel, dem Museum für Kunst und Gewerbe, der Architektur Biennale in Venedig, zahlreiche Vorträge und Publikationen in Fachzeitschriften zeugen davon.
Von besonderem Wert für unsere Stadt war dabei, dass sich der African Terminal als ein Werkzeug aktiver postkolonialer Erinnerungskultur erwies: Sowohl am Afrika Terminal Baakenhöft als auch im Museum für Kunst und Gewerbe hat sich der African Terminal mit seinen Mitglieder eingesetzt, um die Öffentlichkeit in konkreter Form über Hamburgs koloniale Geschichte aufzuklären und ihr zugleich die Hand zu reichen – für eine andere Zukunft.
Nun hat Hamburg durch die jüngsten Polizeimaßnahmen die Chance verwirkt, die sich in einem Projekt wie dem African Terminal und vielen anderen gezeigt hat: Die Chance, von der Perspektive derer zu profitieren, die von weit her und unter enormen Mühen in diese Stadt gekommen sind. Stattdessen nehmen sie nun den verheerendsten Eindruck mit in ihre Communities, den einer rassistisch handelnden Staatsgewalt. Gerade angesichts unserer kolonialen Vergangenheit können wir uns diesen Umgang mit der Jugend Afrikas nicht leisten. Ich bin davon überzeugt, dass uns solche lokalen Fehlentscheidungen international zutiefst schaden werden.
Auch unter den gegebenen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen hätte die Hamburger Polizei anders handeln können und müssen.
Herr Grote, dies geht auf Sie.
Da die von den Maßnahmen betroffenen Mitglieder des African Terminals nicht mehr in der Lage sind, die Unterschriften persönlich zu überreichen, senden wir sie Ihnen per Post.
Prof. Dr. Sibylle Peters
Prof. Dr. SIBYLLE PETERS
:kulturwissenschaftliche Forschung:
:experimentelle Performance: